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Andreas Brandhorst

Die Tiefe der Zeit: Roman

  • Autor:Andreas Brandhorst
  • Titel: Die Tiefe der Zeit: Roman
  • Serie:
  • Genre:
  • Einband:Taschenbuch
  • Verlag:Piper
  • Datum:01 März 2018
  • Preis:16,00 EUR

 
»Die Tiefe der Zeit: Roman« von Andreas Brandhorst


Besprochen von:
 
Detlef V.
Deine Wertung:
(3.5)

 
 
Das menschliche Imperium, Pakt genannt, befindet sich im Krieg mit den außerirdischen Crul. Einer Rasse, von der niemand genau weiß wie sie ausschaut, wofür sie steht oder warum sie sich überhaupt im Krieg mit der Menschheit befindet. Seit ewig langer Zeit geht das Gerücht auf den von Menschen besiedelten Planeten umher, dass die Hauptstreitmacht der Crul sich auf dem Weg ins Imperium befindet um alles menschliche Leben auf den 92 Kernwelten auszulöschen.

Zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, gerät die erst seit kurzem im Amt weilende Prizilla, Suprema und damit Oberhaupt des Pakt, in eine kollabierende Zeitstraße, die sie rund 30 Jahre in die Zukunft befördert. Während ihrer Odysse erfährt sie von einem Planeten namens Erde, auf dem sich eine mächtige Waffe befinden soll, die im Stande ist den Krieg zu beenden. Nachdem sie aus dem „Zeitstrudel" wieder auftaucht, ist sie von dem Wunsch besessen, die Erde und die Waffe zu finden um so die Bedrohung durch die Crul zu beseitigen. Da sie aber mittlerweile keine Suprema mehr ist (in den 30 Jahren ihrer Abwesenheit ist immerhin so einiges passiert), ist dieses Unterfangen jedoch nicht so einfach.

Dem gleichen Wunsch, nämlich die Erde zu finden, unterliegt auch der Soldat Jarl, der sich aber eigentlich als ein ausgemachter Pazifist entpuppt, der für den Krieg nicht viel übrig hat. Durch einen Talismann, den er als Kind von seiner Mutter geschenkt bekommen hat, wird ihm immer wieder die Geschichte von der Erde erzählt - und der mächtigen Waffe die sich auf ihr befindet um den Krieg zu beenden. Es ist also nicht sonderlich verwunderlich, dass sich Prizilla und Jarl finden und ihre Suche nach dem Planeten und seiner Waffe gemeinsam vorantreiben. Allerdings erleben sie dabei eine handfeste Überraschung, die ihr gesamtes Weltbild ein für alle Male über den Haufen wirft.

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Es soll mir ja niemand nachsagen, ich wäre kein Fan von Andreas Brandhorst und seinen Büchern, aber mit diesem tue ich mich doch recht schwer. So richtige Begeisterung will bei mir einfach nicht aufkommen. Es gibt zu viele Punkte die mir einfach schwer im Magen liegen. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass mir die immer gleichen Geschichten so langsam überdrüssig werden. Ob ein Buch von Andreas Brandhorst geschrieben wurde oder nicht, erkenne ich mittlerweile schon nach den ersten paar Seiten – und ich weiß nicht, ob das nun gut oder eher bedenklich ist. "Unvergleichliche Schreibweise" ist die nette Umschreibung, „immer der gleiche Mischmasch“ die weniger nette.

Die Kerngeschichte von Die Tiefe der Zeit kommt mir auch sehr bekannt vor, da ich vor kurzem noch die Partials Serie von Dan Wells gelesen habe. In beiden Geschichten geht es darum, dass Menschen künstliche Menschen erschaffen damit diese für sie kämpfen. Zur Sicherheit werden diese künstlichen Menschen noch mit einer Art Krankheit oder einem Defekt ausgestattet, damit sie nicht zu lange leben und ihre Erschaffer zumindest noch das Gefühl der Kontrolle haben. Dummerweise nur rebellieren die künstlichen Menschen dennoch und töten ihre Erschaffer. Diese Ähnlichkeit ist dann doch zu offensichtlich.

Ebenfalls etwas bieder ist auch das Universum welches Brandhorst erschaffen hat. Langlebige Menschen (mehrere hundert Jahre sind die Regel), dazu körplich sehr „variabel“ (um es mal vorsichtig auszudrücken), sind mittlerweile ein alter Hut im Genre. Die Hervorhebung der „Mutterschaft“ und die Bedeutung der Mütter hingegen ist in diesem Setting konsequent und logisch umgesetzt. „Je mehr Kinder du geboren hast, umso wertvoller bist du.“ Das klingt in einer Zeit, in dem man so viele Soldaen wie möglich braucht um zu überleben, durchaus plausibel. Allerdings habe ich mich immer gefragt, wie die Frauen wohl ausschauen, die ihre Fertilitätsblasen gut sichtbar nach außen hin tragen.

Unverständlich sind für mich dann wieder die knapp hundert Sprachvarianten mit denen sich die Menschen untereinander verständigen. Ob L1 bis 99 oder Lea 1-10, welchen tieferen Sinn das haben soll, verstehe ich ehrlich gesagt nicht. Klingt zwar irgendwie toll, aber da jeder doch irgendwie jeden versteht, egal in welcher Sprache er spricht, ist die Vielfalt irgendwie obsolet.

Da ich ein großer Fan von Zeitreisegeschichten bin, war ich auf die von Prizilla sehr gespannt. Immer wieder sind im Buch Hinweis auf Zeitstraßen und Schiffe die darin stranden, zu finden. Das klang alles recht geheimnisvoll, entpuppte sich jedoch als im Prinzip überflüssig. Um die Ereignisse anzustoßen, die Prizilla zur Suche nach der Erde bewegt haben, war diese Zeitreise nicht nötig. Das hätte man auch anders hinbekommen können. Auch im weiteren Verlauf spielen die Zeitstraßen keine Rolle mehr. Die Tiefe der Zeit hat sich als sehr flach dargestellt. Enttäuschend!

Kommen wir nun zum Ende der Geschichte. Tja, was will man hierzu sagen? Der große Unbekannte namens Konstantin, der sich dann irgendwie einfindet um alles aufzuklären, ist für mich phantasielos. Anstatt das sich die Auflösung des Rätsels um die Wunderwaffe aus der Geschichte selbst ergibt, zaubert Brandhorst hier einen Protagonisten hervor, der Prinzilla, Jarl und dem Leser alles brühwarm vorsetzt. Anstatt die Möglichkeit zu nutzen um in die Vergangenheit zu reisen und den Krieg zu beenden, noch bevor er begonnen hat, entschließt man sich dazu gar nichts zu unternehmen. Alles was auf den 520 vorangegangenen Seiten passiert ist, passierte für nichts und wieder nichts.Das sich anschließend alle Verstorbenen im Schiff wiederfinden und in den Sonnenuntergang hinausfliegen ist schon fast kitschig zu nennen.

Einer der wenigen Pluspunkte war die Darstellung der Hauptcharktere. Hier hat Andreas gute Arbeit geleistet. Der Lebenslauf von Jarl, dem verkappten Pazifisten, war seht gut geschrieben. Hier hat sich gezeigt, dass die Menschen nicht unbedingt die Guten in der Geschiche sind. Auch Prizilla wurde gut und ausführlich dargestellt. Allerdings hat mir die Sache mit dem Abakus, aus dem man die Zukunft ableiten kann, nicht sonderlich gut gefallen. Da bleibe ich doch lieber bei Asimov und seiner Psychohistorik.

Die Tiefe der Zeit ist flott und kurzweilig geschrieben, wie man es von dem Autoren kennt. Wieder stellenweise recht technisch und gespickt mit vielen unbekannten Begriffen, bei denen man sich nach der Erklärung fragt: Warum hat er das nicht gleich gesagt? Und weil das so ist, gibt es am Ende des Buches wieder ein seitenlanges "who is who“ und "what is what“ Verzeichnis. Doch wer bis dahin noch nicht verstanden hat was eine Singularitätsmaschine oder eine autoregenerative Flasche ist, dem ist dann auch nicht mehr zu helfen.

Fazit
Ein echter Brandhorst wie man ihn kennt. Eine epische Geschichte, gepaart mit vielen bunten Gimmicks und Charakteren. Für mich aber dennoch eines seiner schwächeren Bücher. Es bleibt für mich die Anfangsfrage: Wäre es wünschenswert, wenn Andreas Brandhorst nicht immer nur neue Geschichten erfindet, sondern sich selber auch neu? Bei mir treten auf jeden Fall leichte Abnutzungserscheinungen auf, was ihn betrifft. Und das finde ich sehr schade, denn ich bin immer noch ein großer Fan von ihm und seinen Büchern.
 


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