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Evan Currie

Odyssey 1
In die Dunkelheit

  • Autor:Evan Currie
  • Titel: In die Dunkelheit
  • Serie:Odyssey 1
  • Genre:SF
  • Einband:Taschenbuch
  • Verlag:Heyne Verlag
  • Datum:09 September 2013
  • Preis:10,99 EUR

 
»In die Dunkelheit« (Odyssey 1) von Evan Currie


Besprochen von:
 
Detlef V.
Deine Wertung:
(2.5)

 
 
Der amerikanischen Föderation ist es endlich gelungen, ein Raumschiff mit Sprungantrieb zu bauen und nun in die Weiten des Weltalls vorzustoßen. Den Oberbefehl über die Odyssey erhält Eric Weston. Bereits auf ihrem ersten Erkundungsflug kann die Besatzung Kontakt zu den menschenähnlichen Ranqil aufnehmen. Diese befinden sich in einem gnadenlosen Krieg mit den insektenähnlichen Drasin. Weston und seine Besatzung schlagen sich auf die Seite der Ranqiler, die den Krieg zu verlieren drohen. Im Heimatsystem der Ranqiler muss sich die Odyssey einer überlegenen Anzahl gegnerischer Raumschiffe stellen.

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Der Anfang der Geschichte lies mich noch hoffen, das erwarten zu dürfen, was der Klappentext so vollmundig verspricht. Eine Art Raumschiff Enterprise Abenteuer, ein Schiff auf einer jahrelangen Mission, in den Weiten des Kosmos, eine Besatzung, die endlich mal dorthin geht, wo tatsächlich noch kein Mensch zuvor gewesen ist. Leider wurde diese Hoffnung im Laufe der Geschichte doch schwer enttäuscht. Wo waren die atemberaubenden und fantastischen Wunder und Wesen denen die Odyssey begegnen sollte? Ich konnte sie leider nur teilweise erkennen. Die so vielversprechende Abenteuergeschichte mündete jäh in eine plumpe Militarystory. Wenn das der angekündigte neue Sensationserfolg aus Amerika sein soll, dann „Gute Nacht“.

Die ganze Geschichte ist ein bunter Mix aus Star Trek und Battlestar Galactica. Es würde nicht überraschen, wenn Weston seinen XO auffordert, die immer wiederkehrende letzte Möglichkeit der Enterprise zu nutzen und die Sensoren der Deflektorschirme neu zu kalibrieren. Genauso Holterdiepolter wie die 45 Minuten Folgen der beiden Fernsehserien, entwickelt sich auch die vorliegende Handlung. Currie verschwendet keine Zeit mit unnützen Erklärungen oder Passagen. Direkt nach den ersten Sprüngen findet man die Überreste einer Schlacht, die einzige Überlebende, einen völlig vernichteten Planeten und die Heimatwelt der Ranqin. Alles im Schnellverfahren. Richtig Zeit lässt sich Currie nur bei der Schilderung der dort stattfindenden Raumschlacht und der Bodeneinsätze. Da ist er in seinem Element und kann durch Action seine teilweise hölzern anmutenden Dialoge übertünchen. So richtig toll ist das alles nicht, allerdings auch nicht wirklich schlecht.

Bei einem Buch von fast 700 Seiten sollte man zudem erwarten, dass der Autor wert darauf legt, in Ruhe seine Charaktere einzuführen. Aber genau so, ist es leider nicht. Die Charaktere sind eindimensional und oberflächlich gezeichnet. Da gibt es aber auch kein Klischee, das Evan Currie nicht bedient. Angefangen vom väterlichen und souveränen Kommandanten, der jede Emotion im Griff hat (Cliff Allister McLane lässt nicht grüßen), vom leicht durchgeknallten Wissenschaftler, bis hin zu den kampfeswütigen Marines und den ach so coolen Kampfpiloten, die immer einen zackigen Spruch auf Lager haben. Niemand wächst über seine ihm vorbestimmte und klischeebehaftete Rolle hinaus. Wie würde Lt. Cmd. Data an Bord der Enterprise sagen: „Alles funktioniert in den vorgegebenen Parametern.“

Genauso oberflächlich wie die Charaktere bleiben auch die beiden außerirdischen Rassen. Man erfährt nur das Nötigste. Der Grund für den Krieg, eine dritte Partei scheint die Fäden im Hintergrund zu ziehen, wird nicht angeführt. Über die Gesellschaft der Ranqil erfährt man das Minimum, die der Drasin bleibt völlig im Dunkel. Möglicherweise, oder besser gesagt hoffentlich, hat sich Currie weitere Informationen zu den Drasin und den Ranqil auch nur für die nachfolgende Bände aufgehoben. Das bleibt abzuwarten.

Politisch korrekt ist das Buch natürlich auch – aus amerikanischer Sicht. Den Krieg auf der Erde, diese ist immer noch in verschiedene Blöcke unterteilt, haben die Amerikaner und ihre Verbündeten gewonnen. Angefangen haben ihn (natürlich) die anderen (es sind immer die anderen die anfangen, Amerika beendet es nur). Also nicht verwunderlich, dass auch das erste interplanetare Raumschiff ein amerikanisches ist (wenigstens wurde nicht das Star-Spangled Banner drauf gemalt). Aber OK, es ist ein amerikanisches Buch und für den amerikanischen Markt geschrieben. Für viele Nichtamerikaner mag sich das möglicherweise skurril und viel zu pathetisch lesen, das ist dann jedoch deren Problem und ich mag Currie das nicht als Vorwurf vorhalten.

Das alle an Bord die Besten der Besten sind, muss wohl nicht ausdrücklich erwähnt werden (auch wenn Currie ein ums andere Mal seine Leser explizit darauf hinweist). Sogar ein bisschen Gesellschaftskritik erlaubt sich der Autor. Wenn etwa Milla dem Leser den Spiegel vorhält und mit Unverständnis auf einen Krimi, bzw. Western reagiert und sich fragt, was das wohl für Leute sind, die sich dabei entspannen können und unterhalten fühlen, wenn sich auf dem Bildschirm Menschen gegenseitig umbringen. Manchmal, wenn Filmfans unbedingt die blutigere FSK 18 Fassung haben möchten, frage ich mich das allerdings auch.

In einer Hinsicht jedoch, hat Evan Currie eine große Chance vertan. Um wie viel interessanter und gleichzeitig problematischer hätte sich die Geschichte entwickeln können, wenn die Guten nicht die menschenähnlichen Ranqil, sondern die insektoiden Drasin gewesen wären. Welche Gefühle und Gewissensnöte hätte es unter der Besatzung hervorgerufen, einer insektoiden Rasse beizustehen und diese gegen Menschen zu verteidigen? Überhaupt stellt sich die Frage, ob die Besatzung der Odyssey nicht allzu leichtfertig in den Krieg gezogen ist. Ohne Hintergrundwissen um die Umstände dieser Auseinandersetzung schlägt man sich automatisch auf die Seite, die körperlich der menschlichen am Nächsten steht. Ob die Ranqin nicht möglicherweise kurz davor standen einen Genozid an den Drasin zu begehen, und diese sich einfach nur verteidigten, interessiert Weston und seine Besatzung überhaupt nicht. Man weiß automatisch wer die Guten und wer die Bösen sind. Die Aussage der Überlebenden Milla scheint hier zu reichen.

Fazit:
In die Dunkelheit (OT: Into the black – Odyssey One) ist der erste Band einer mittlerweile vierteiligen Reihe. Actionreich und bedingt unterhaltsam, aber ohne Tiefe und nicht auf besonders hohem Niveau geschrieben. Oberflächliche Charaktere, die sich in zahlreichen Raumschlachten beweisen müssen. Die Geschichte birgt nichts Neues, ist aber zumindest so interessant gehalten, dass man als Leser gerne wissen möchte wie es mit der Odyssey weitergeht. Um ehrlich zu sein, wird mir nach einiger Zeit vermutlich bis auf den wundervollen Satz „Das Raumschiff starb, aber es lies sich alle Zeit der Welt dazu“ nichts in Erinnerung bleiben.
 


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