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Holly Lisle

Drachensaat

  • Autor:Holly Lisle
  • Titel: Drachensaat
  • Serie:
  • Genre:Fantasy
  • Einband:Taschenbuch
  • Verlag:Blanvalet Taschenbuch Verlag
  • Datum:13 November 2006
  • Preis: EUR

 
»Drachensaat« von Holly Lisle


Besprochen von:
 
Sachmet
Deine Wertung:
(5)

 
 
"Alle Menschen sterben, Antram. Jedoch nur wenige von ihnen haben jemals gelebt."
Vincalis der Agitator

Dieses Zitat trifft auf alle Menschen zu, die in den Kavernen vor sich hinvegetieren. Gezüchtet und gemästet als Energielieferant für die dekadente Oberschicht in der schwebenden Stadt Oel Artis Die Bewohner der Kavernen werden mittels einer Droge, die ihnen schon ab der Geburt verabreicht wird, zu willenlosen Automaten gemacht um letztendlich als Brennstoffeinheiten zur Energiegewinnung benutzt zu werden. Je fetter ein Mensch, desto mehr Fleisch-und Knochenenergie kann er liefern. Doch die erzielte Menge an Energie reicht für den ausschweifenden Lebensstil der privilegierten Schicht nicht mehr aus. Schwebende Städte, Städte unter dem Meer, Flugwagen, all dies sind Dinge, welche den Energieverbrauch stetig nach oben treiben.
Verzweifelt sucht der Drachenrat nach einer effizienteren Nutzung der Kavernenbewohner. Die Lösung ist so grauenhaft und verabscheuungswürdig, dass sogar zwei Mitglieder des Drachenrates Einspruch erheben und Konsequenzen aus der Entscheidung des Rates ziehen.
Wraith ist ein Junge, der in den Kavernen geboren wurde. Er ist gegen Magie unempfänglich und Bewusstseins trübende Droge schlägt bei ihm nicht an. So bekommt er mit, was mit den Menschen in den Kavernen passiert und er versucht immer wieder, einige davon zu retten. Doch seine Bemühungen sind zum Scheitern verurteilt. Erst als er einen Weg aus den Kavernen findet und in der Oel Artis einen Freund und Unterstützer kennen lernt, kann er Pläne zur Befreiung der Kavernenbewohner schmieden.
Vier junge Menschen fassen einen Plan gegen den Rest der Welt. Jess, die mit Wraith aus den Kavernen fliehen konnte, Solander, der privilegierte Sohn eines Ratsmitgliedes und Velyn, seine Cousine, die seit jeher über einen rebellischen Geist verfügt. Vier gegen den Rest der Welt.
Kommentar:
Selten hat mich in der letzten Zeit eine Geschichte so gepackt, wie Drachensaat von Holly Lisle. Die dicke des Buches mit 650 Seiten mag einige Leser abschrecken aber jede Seite lohnt sich. Zuerst begegnen wir einem Jungen, der alleine und verzweifelt in einer erdrückenden Umgebung lebt. Der verzweifelt darum bemüht ist, wenigstens einige der Menschen um sich herum zu retten. Durch viele Versuche hat er erkannt, dass er nur Kinder retten kann, die noch nicht allzu lange der Droge ausgesetzt waren, denn starker Entzug führt zum Tod. Zum Schluss bleibt ihm nur noch Jess, mit der er zusammen aus dem Kavernen entkommt.
Wraith weckt Solanders Aufmerksamkeit, weil die Magie von ihm abprallt und keinerlei Einfluss auf ihn hat. Für Solander ist dies ein unglaubliches Ereignis. Genauso unglaublich wie das, was Wraith ihm über die Kavernen erzählt. Die einfachen Menschen in Oel Artis wissen nicht, woher die Energie für ihren Lebensstil kommt. Der Drachenrat lügt ihnen vor, dass die Energie aus Wasser, Sonne und Luft gewonnen wird und unendlich ist. Die Kavernen seien lediglich ein Ort, in dem das Verbrechen herrscht und daher durch magische Schilde abgeriegelt ist, um die Einwohner von Oel Artis vor den Verbrechern aus den Kavernen zu schützen.
Da die Menschen aber immer dekadenter werden, der Energieverbrauch ins Unendliche steigt und niemand auf sein Luxusleben sowie auf die Hilfsmittel im Alltag verzichten möchte, reicht die Lebensenergie der Kavernenbewohner bald nicht mehr aus.
Während der Drachenrat verzweifelt nach einer Lösung sucht, ermöglicht es Solander den beiden Kavernenflüchtlingen, in seinem Haushalt zu leben und zu lernen. Er gibt die Kinder als entfernte Verwandte aus und somit kommen Wraith und Jess in den Genuss einer adeligen Ausbildung. Wraith weiß, dass er die Gesellschaft nur von innen heraus ändern kann und daugt jedes Wissen wie ein Schwamm auf.
Die Autorin gibt ihren Figuren viel Zeit und Raum sich zu entfalten, es wird für den Leser jedoch nie langweilig. Es ist klar, dass die Veränderung einer Gesellschaft nicht von einem Tag auf den anderen passieren kann. Umso glaubhafter wirkt das Leben der vier Protagonisten, die den Weg zuerst gemeinsam beschreiten, dann aber jeder seinen eigenen Weg finden muss. Zum Glück für den Leser geht Holly Lisle nicht auf jedes Jahr detailliert ein. Die Jahre des Lernens und der persönlichen Entwicklung zu jungen Menschen werden in einigen Sätzen abgehandelt, um dann zum Kern der Geschichte vorzudringen.
Es ist entsetzlich zu lesen, wie die Drachen ohne Reue, Scham oder Gewissenbisse ihre Pläne schmieden. Welche Grausamkeit und Arroganz hinter der kultivierten Fassade verborgen sind. Interne Machtkämpfe, Attentate und Erpressung zeigen das wahre Gesicht der herrschenden Klasse. Hier kann man durchaus Parallelen zu der heutigen Zeit ziehen, denn auch heute werden an vielen Orten noch Menschen ausgebeutet um den Luxus einiger Weniger zu finanzieren. Wie oft lesen wir noch von Aufständen, Demonstrationen und Rebellion gegen herrschenden Diktaturen überall auf der Welt? Dieses Buch ist zeitlos und verstörend, regt zum Nachdenken an und lässt uns fragen, ob wir ebenfalls unsere Seele für den vorhandenen Luxus verkaufen würden. Wurde nicht schon oft in der Geschichte der Menschheit durch falsche Propaganda ein ganzes Volk der Vernichtung entgegen geführt?
Als Vincalis, der Agitator, die Bühne betritt, gelingt es ihm auf sehr subtile Art und Weise, das Denken der Menschen zu beeinflussen. Der Drachenrat erkennt die Gefährlichkeit des Mannes und versucht alles, ihn mundtot zu machen. Doch der Führer der Namenlosen, der Rebell und Hoffnungsträger, ist nicht greifbar. Nie tritt er persönlich in Erscheinung, seine Macht steigt jedoch mit jedem Tag und er führt dem Rat empfindliche Schläge zu.
Das Cover des Buches passt nicht zu der Geschichte, da in dem Buch echte Drachen keine Rolle spielen. Der Name des Rates soll lediglich die Macht der Männer und Frauen verdeutlichen, welche die Magie zu nutzen verstehen und über Matrin herrschen. Michaela Link hat als Übersetzerin hervorragende Arbeit geleistet und das Buch sprachlich sehr schön umgesetzt.
Leider leidet das Buch an einem Stephen King Effekt (der kann keine Enden schreiben) , denn zum Ende hin flacht es sehr ab, da scheint die Autorin etwas den Faden verloren zu haben. Das schmälert den Genuss aber keineswegs. Drachensaat ist eine Vorgeschichte zu der Trilogie: Der magische Spiegel, die ich mir natürlich sofort zugelegt habe.
 


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