Alastair Reynolds Poseidons Children, 1 1
Okular
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»Okular« (Poseidons Children, 1 1) von Alastair Reynolds
Eunice Akinya ist tot. Sie war die Gründerin eines finanzstarken Konzerns mit Interessen im ganzen Sonnensystem. Ihre letzten Jahre verbrachte sie alleine in einer kleinen Raumstation und regierte den Konzern von dort aus. Nun, nach ihrem Tod, werden ihre Enkel in die Verantwortung genommen. Afrikanische Staatenverbände sind inzwischen politisch und technologisch führend geworden. Sie sind Teil der VLN, der Vereinigten Landnationen. Neben ihnen gibt es noch die VWN, die Vereinigten Wasser-Nationen.
Auf der Erde leben die Menschen mittlerweile weitgehend sorgenfrei. Die Überwachung ist engmaschig und erfolgt selbstverständlich nur zu ihrem Wohle. Kriminelle Gedanken werden früh erkannt und durch geeignete Maßnahmen gelöscht. Unfälle kommen kaum vor. Wer das nicht möchte, wie Sunday, eine der Enkelinnen von Eunice, kann in eine Kolonie auf dem Mond gehen, wo die Menschen Wert auf ihr Privatleben legen.
Geoffrey, Sundays Bruder, kümmert sich lieber um wilde Elefanten als um den Familienkonzern. Mit Eunices Tod ändert sich alles. Er willigt ein, ein Bankschließfach zu untersuchen, das Eunice auf dem Mond unterhielt. Es enthält den Handschuh eines alten Raumanzuges, in dessen Finger einige bunte Steine stecken. Seine Cousins, nach Eunices Tod die Lenker des Konzerns, möchten, dass er den Handschuh zur Erde bringt und, vor allen Dingen, niemandem etwas davon erzählt. Geoffrey wird neugierig und erzählt seiner Schwester von der Sache.
Der Handschuh ist nur der erste einer Reihe von Hinweisen, die Eunice hinterließ. Sie führen die Geschwister über weitere Stationen im Sonnensystem. Eunices Aktivitäten waren nicht alle legal, wie sich erweist. Auf dem Merkur treffen sie dann schließlich auf Okular, ein gewaltiges Teleskop.
Mit diesem ersten Band einer geplanten Trilogie stellt Alastair Reynolds eine spannende Space Opera vor. Wir haben es mit dem ausführlichen Reynolds-typischen Worldbuilding zu tun. Viele wichtige Informationen erschließen sich erst im Lauf der Geschichte. Bei jedem Schritt merkt man, dass Reynolds Naturwissenschaftler ist und hier nicht nur die mögliche Weiterentwicklung der Wissenschaft einbezieht, sondern auch Phantastisches, aber vielleicht doch Mögliches. Der Phantasie wird freien Lauf gelassen, manches Mal etwas zu ausführlich.
Noch vor dem Prolog wird die Familie vorgestellt, ohne dass wir schon viel über sie lernen. Nur der aktuell verstorbenen Großmutter Eunice Akinya wird mehr als ein Absatz gewidmet. Sie wird trotz ihres Todes eine Hauptrolle in der Geschichte spielen, denn sie gründete den Konzern, der im ganzen Sonnensystem wirtschaftliche Interessen hat. Sie taucht immer wieder auf, weil sie eine Schnitzeljagd quer durch das Sonnensystem orchestriert. und weil Sunday ein Konstrukt von ihr schuf, mit dem man sich unterhalten kann. Ein geschickter Schachzug.
Erzählt wird alles aus Sicht Geoffreys, eines Enkels von Eunice. Er will mit dem Konzern seiner Familie nichts zu tun haben, forscht lieber über Elefanten. Er erscheint eher als Mann, der keine Risiken eingeht, der zufrieden ist mit der Nische, die er für sich gefunden hat. Aber ganz lässt sich der Forscherdrang und die Neugier der Akinyas nicht unterdrücken.
Die sehr unterschiedlichen Vorstellungen irdischer Nationen und Interessenvereinigungen über die zukünftige Entwicklunge der Menschheit sind Bestandteil der Geschichte. So sind die Pans der Ansicht, dass die Menschen keine Lebewesen bei ihrer Expansion ins All ausschließen dürfen. Sie züchten Miniaturausgaben irdischer Tiere und Pflanzen, um sie ins All mitzunehmen. Menschen auf den Archipelen der VWN lassen sich gentechnisch verändern. Robotern wird auf dem Mars Raum gegeben, in dem sie sich autonom entwickeln. Menschen schöpfen dann interessante Technikentwicklungen ab, die aus der Evolution der Roboter hervorgehen.
Okular weist Ähnlichkeiten mit der Mars-Trilogie von Kim Stanley Robinson auf. Gemeinsam ist ihnen der Versuch, möglichst viele Aspekte gesellschaftlichen Fortschritts und dessen Folgen zu erzählen und zu diskutieren. Gemeinsam ist ihnen auch, dass dies stellenweise etwas zu ausführlich geraten ist.
Reynolds breitet eine spannende Geschichte vor uns aus. Schon bald erscheint der zweite Band bei Heyne, den ich sicherlich lesen werde.