Jim Butcher Die dunklen Fälle des Harry Dresden 2
Wolfsjagd
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»Wolfsjagd « (Die dunklen Fälle des Harry Dresden 2) von Jim Butcher
Wieder einmal wird Harry Dresden von der Chicagoer Polizistin und Sonderermittlerin Karren Murphy um Hilfe gebeten. So wie es ausschaut sterben alle vier Wochen, pünktlich zum Vollmond, diverse Leute einen eher relativ ungewöhnlichen und sehr blutigen Tod. Sogar Bissabdrücke lassen sich in den schrecklich zugerichteten Opfern finden. Könnte es da vielleicht sein, dass ein Werwolf sein Unwesen treibt? Mitten in Chicago? Da Murphy durch ihre Zusammenarbeit mit Harry Dresden mittlerweile Einblicke in die magische Welt unsere Zeit gewonnen hat, drängt sich ihr dieser Verdacht förmlich auf. Und wer könnte besser bei den Ermittlungen helfen und den Übeltäter dingfest machen als eben jener Harry Dresden?
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Auch im zweiten Band der Harry Dresden Reihe, Wolfsjagd (OT: Fool moon), geht es wieder blutig und actionreich zur Sache. Zudem schafft Harry es wieder einmal gekonnt und ohne große Mühe das ohnehin schwindende Vertrauen von Karren Murphy in seine Person noch weiter zu erschüttern und den Verdacht für die Morde verantwortlich zu sein, auf sich selbst zu lenken. Dafür scheint Harry eher unfreiwillig ein echtes Talent zu entwickeln. Trotz allem findet gegen Ende der Geschichte dennoch eine positive Weiterentwicklung in der beruflichen und freundschaftlichen Beziehung zwischen Dresden und Murphy statt. Dresden scheint endlich zu begreifen, dass er die Ermittlerin mit mehr Informationen versorgen und sie zu einer echten „Mitwisserin“ um die Geheimnisse der magischen Welt machen muss.
Die Story ist zwar recht spannend und geradlinig geschrieben, dafür jedoch ohne besonderen Tiefgang, was aber nicht wirklich verwundern sollte. Was einst die SF Autorin Ursula K. LeGuin über ihr Buch mit Kurzgeschichten sagte: „Es gibt keine Botschaften in diesen Geschichten. Es sind keine Glückskekse, es sind einfach nur Geschichten“ , gilt wohl auch für das vorliegende Werk. Wie schon in Sturmnacht kommt auch diesmal der Humor nicht zu kurz, obwohl es mich manchmal doch etwas nervt, dass Dresden in jeder Lage, und sei sie noch so aussichtslos, immer einen coolen Spruch auf Lager hat. Entweder ist er tatsächlich so abgebrüht oder er hegt eine tief in sich verborgene Todessehnsucht. Normal ist so ein Verhalten auf jeden Fall nicht.
Ebenso auffallend ist, dass Dresden zwar pausenlos den Kürzeren zieht, am Ende jedoch als strahlender Sieger das Spielfeld verlässt. Egal mit wem er sich anlegt, mit Murphy, dem FBI, dem Gangster Marcone, den Straßenwölfen oder dem Millionär Harley McFinn - Dresden bekommt stets eins aufs Maul und verausgabt sich und seine Kräfte in der Regel pausenlos. Er ist immer irgendwie kurz davor vor Entkräftung bewusstlos zu werden oder steht zumindest am Rand der völligen Erschöpfung. Aber egal wie übel er dran ist, er schafft es immer wieder sich noch einmal aufzuraffen und erneut in den Kampf zu ziehen; und dabei hat er in der Regel mehr Glück als Verstand. Gerade in dem vorliegenden Buch nervt mich das ungemein und wirkt mit zunehmender Häufigkeit immer unglaubwürdiger.
Dresden wird von Jim Butcher stets als kompetenter Magier beschrieben, auch Dresdens Feinde haben Respekt vor ihm – aber warum eigentlich? Dresden stolpert in seiner unüberlegten und spontanen Art von einer pikanten Situation in die andere. Das macht ihn zwar ungemein sympathisch, aber dennoch wünschte ich mir oftmals, Butcher ließe ihn souveräner und überlegter auftreten. So eine Kombination von Gandalf (in magischer Hinsicht) und Philip Marlowe (in detektivischer Hinsicht). Mir fällt es bisweilen schwer, Dresden „für voll zu nehmen“ und mehr in ihm zu sehen als nur einen komischen Typen mit witzigen (Zauber-)Sprüchen.
Auch wenn die Geschichte zwar relativ einfach gestrickt ist, ist sie dafür dennoch gut ausgearbeitet. Sie lässt den Leser lange darüber im Unklaren wer denn nun für die Morde verantwortlich ist. Die Anzahl der möglichen Verdächtigen nimmt im weiteren Verlauf immer mehr zu und bietet Raum für Spekulationen. Schnell wird auch dem Leser klar, dass für die Morde mehr als nur eine Partei verantwortlich sein muss. Wirklich überrascht hat mich dann jedoch die tatsächliche „Haupttätergruppe“. Das hatte ich so nicht erwartet. Auch wenn die Motivation dieser Gruppe nachvollziehbar geschildert wurde ist es dennoch tragisch, wie sich die ganze Aktion letztendlich entwickelt und an Eigendynamik gewonnen hat. Ehe man sich versieht, ist die Grenze zwischen Gut und Böse, Recht und Unrecht, entweder übertreten oder sie verschwindet ganz.
Erstaunlich ist auch wie viele Werwölfe des Nachts in Chicago ihr Unwesen treiben und wie viele Möglichkeiten es gibt zu einem zu werden. Butcher listet sie alle auf. Diese kleinen Erklärungen sind immer wieder nett zu lesen und sehr informativ. Läßt man meinen Kommentar zu der Person, bzw. dem Auftreten von Harry Dresden mal außen vor, ist Wolfsjagd ein durchaus spannendes und kurzweiliges Lesevergnügen und hat mir gut gefallen.