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2011-09-21

Filmkritik zu »Conan 3D«

Neben literweise spritzendem Ketchup, Gewaltszenen und einer soliden Portion Übertreibung erwies sich »Conan« als ein überraschend guter Film mit überzeugenden Handlungsfiguren.

Viel wurde im Vorfeld über den neuen Conan-Kinofilm gemutmaßt, diskutiert und anhand der Barbarenmesslatte Schwarzenegger abgemessen. Die einen haben sich schlicht auf die neue Heldeninkarnation mit frischen filmischen Beigaben gefreut, die anderen sind von Anfang an auf die Barrikaden gestiegen. Denn so ein magerer Kerl kann es doch kaum mit Arnis Vorbild aufnehmen, oder etwa nicht? Auch ich war hin und her gerissen, wie der neue Film wohl sein mag und meine Gedanken haben sich sicher auf die Seite der Skeptiker und Ablehner geschlagen, doch der Kinobesuch hat mich vom Gegenteil überzeugt. Hier möchte ich meine objektiven Erkenntnisse gemischt mit subjektiven Eindrücken mit Euch teilen.
Die Figur des schwertschwingenden Cimmerier „Conan“ wurde von dem Amerikaner Robert E. Howard im gleichnamigen Roman aus der Taufe gehoben. Sie verkörperte wohl alle männlichen Eigenschaften, die der Autor hochschätzte. Unter anderen eine maßlose Selbstsicherheit, die keinen Zweifel zu kennen scheint, eine kompromisslose Stärke, die Conan gnadenlos gegen Feinde richtet und eine äußerlich wohlgefällige muskelbetonte Figur, die auch dem sportlichen Howard zu eigen war.

In den Romanen geht es düster zu. Conans Welt ist eine ohne Gnade, in der die Starken über die Schwachen triumphieren. Beherrscht von Tyrannen, Magiern, Totenbeschwörern, Sklavenhändlern und anderen wenig bekömmlichen Gestalten. In dieser Welt zu überleben bedeutet selber ein düsteres Gemüt zu besitzen und mit den reichlich vorhandenen Feinden kurzen Prozess zu machen. Hier bittet man nicht, sondern nimmt sich das Begehrte mit dem Schwert in der einen und der Hinterlist in der anderen Hand. Conan ist kein umgänglicher Charakter mit guten Manieren und einem warmen zivilisierten Lächeln. Er wirkt eher wie ein ehrenhafter Gangster, ein Tyrann mit einem Sinn für Ordnung der Dinge.

Sicherlich ist es kein Zufall, dass Conan im Jahr 1932, also mitten in der Epoche der amerikanischen Gangsterfilme das Licht der Welt erblicke. Damals durfte ein Al Capone als Robin Hood der Prohibition als Leinwandheld fungieren. Erst nach dem Eingriff der amerikanischen Regierung wurden die Filmhelden zu den Prototypen der heutigen Leinwandheroes. Sie taten zwar prinzipiell dasselbe wie ihre Gangsterpendants, doch taten sie dies im Namen des Gesetzes und mit der Dienstmarke in der Hand. Nach ein paar Jahrzehnten reiften diese im Geiste der Autoren zu unseren wohlgefälligen und ach so zivilisierten Helden heran, die den Gangstern die Kinnlade erst nach einem wohlgemeinten Friedensangebot und einer moralischer Standpauke massieren.

Zwischen einem Clark Kent und einem Conan besteht eine Kluft, die in dem Unterschied der Geisteshaltung der jeweiligen Zeit ihres Entstehens besteht. So braucht ein Conan keine Höflichkeitsfloskeln um sein grimmiges Handwerk zu verrichten. Als Zeitgenossen würden wir ihn treffend als Hooligan, Kriminellen oder Gangster titulieren. Denn genau so funktioniert seine Figur. Ein solches schlichtes geradliniges Gemüt, keine inneren Schranken und nur scharfe Kanten und Ecken ohne jedweden Schliff. Zugleich unvollkommen und gleichzeitig perfekt in seiner Rohheit.

Mit diesem Vorwissen behaftet war ich mir fast sicher, dass sowohl der Drehbuchautor als auch der Regisseur die wahren Natur Conans nicht begreifen würden. Selbst Arnis Verkörperung war alles andere als passend. Vielleicht kultig mit seinen Muskelbergen, ganz sicher barbarisch, doch keineswegs der Howard-Conan – der im übrigen laut Buchvorlage schwarzhaarig sein sollte. So habe ich aus der Not geboren zwei Figuren im Hinterkopf, wenn ich an Conan denke. Der 80er Jahre Filmconan und den Howard-Conan aus den Büchern.

Das Erste, was einem bei der Conan-Neuverfilmung geradezu ins Auge springt, sind die Unmengen an Kunstblut, die bei allen Gelegenheiten spritzen und fließen. Fast scheint es so, als würde bei jedem kleinen Piks literweise der rote Saft herausschießen, während die Menschen nicht mehr als ein leicht zerbrechliches Gefäß für noch mehr rote Farbe sind. Diejenigen, die wie ich mit einer zartbesaiteten Begleitung ins Kino wollen bedeutet das zunächst einge Oh¬-Gotts und Oh-wie-schlimms zu ertragen. Doch auch das ist schnell ausgestanden. Bei der Allgegenwärtigkeit der Blutspritzer und deren gekünstelten Einsatz lassen sich diese als kaum mehr als ein zu dick aufgetragenes Stilmittel wahrnehmen. Dass das Blut recht irreal daher kommet weiß jedes Kind das sich schon mal in den Finger geschnitten und den dabei herausfließenden einzelnen Bluttropfen weinend der Mutti entgegengehalten hatte. Also vergisst man das Blut wieder schnell und konzentriert sich auf die gelungene Handlung.

Schon beim ersten Blick auf den neuen Filmconan war klar, dass hier der Blondschopf Arni nicht als Patte stand, sondern der Conan wie er in Howards Buch steht. Dunkel, grimmig und verbissen kommt er daher und das sowohl als ein kleiner Junge und auch als sein erwachsenes Alter Ego. Ihn zieren keine übertriebenen Muskelpakete aus der Fitnessbude mit Steroidunterstützung, sondern durchaus überzeugende harte und normaler proportionierte Muskeln eines Kämpfers. Dieser Conan ist schnell, wendig und geschickt. Dabei bleibt er so zornig, wie ihn sein Schöpfer Howard schuf.

Auch die anderen Figuren wissen zu gefallen. Mit Stephen Lang, den wir aus seiner Rolle als knallharten Colonel in Avatar kennen, wurde der Bösewicht passend fies dargestellt. Und wir wissen ja, dass das Gegenstück des Helden eine tragende Rolle in der Dramaturgie spielt. Offenbar wussten die Filmemacher auf die Nummer sichergehen, indem sie dem Fiesling eine ebenso gemeine wie zauberkundige Tochter spendierten. Das Bösewichtduo funktioniert hervorragend und ergänzt sich so gut, wie der Imperator und Darth Vader in Star Wars. Ihnen zur Seite stehen eine ganze Reihe Handlanger, den sich Conan im Filmverlauf stellen muss, bevor es deren Herren an den Kragen geht.

Die Story ist schnell erzählt und ich werde nicht zu viel verraten. Conans ganzes Dorf samt seinem Vater wird von dem Kriegsherr Khalar Zym nebst Privatarmee abgeschlachtet, der nach einem fehlenden Bruchstück einer Totenbeschwörermaske sucht, deren Bruchstück sich in Conans Familenbesitz befindet. Das hinterlässt den kleinen Conan mutterseelenallein auf der Welt, dafür mit einem starken Überlebenswillen und dem innigen Wunsch nach Rache ausgestattet. Jahre später, Conan ist inzwischen erwachsen, kreuzen sich seine Wege wieder mit deren der Mörder. Es kommt zum Showdown bei dem Conan seinen Rachedurst stillen will, während die Bösewichte kurz vor der Wiederherstellung der Kräfte der Totenbeschwörermaske stehen. Es kommt, wie es kommen muss. Beide Parteien kreuzen die Klingen, während alles drum herum zu Kleinholz verarbeitet wird.

Bei der Handlung haben sich die Filmemacher allenfalls sehr locker an die Buchvorlage gehalten. Schon wieder wird Conans Familie abgeschlachtet, doch diesmal nicht von Tulsa Doom und zur Abwechslung geht es seinem Vater an den Kragen. Diese Abweichung von der Orginalstory mag einen Büchernarr wie mich stutzig machen und den Howard-Puristen an die Leber gehen. Filmisch betrachtet ist das eine kluge Entscheidung. Eine Wiederholung der alten Szenen wäre schlicht Langweilig gewesen und ein kantiger Vater, gespielt von Ron Perlman, bedeutet eine mindestens ebenso deutliche Charakterbildungsmaßnahme wie Conans Verlust seiner Mutter in „Conan der Barbar“. Funktionell ebenbürtig, jedoch durch die schillernde Persönlichkeit Perlmanns deutlich markanter. Schmunzelnd frage ich mich, ob bei einer Filmfortsetzung irgendwelche anderen Verwandte Conans das Zeitliche segnen müssen, nur um den Seriencharakter zu wahren.

Die Handlung bleibt einfach und wird stringent wie konsequent vorangetrieben. Die Motivationen der Figuren sind glasklar. Conan wird von seinen Rachegefühlen angetrieben. Der Böse von der Macht und Sehnsucht, während seine Tochter nach seiner Anerkennung strebt. Im Laufe der Geschichte offenbaren sich sekundäre Motivationen und weitere Handlungsfiguren betreten das Feld. Ein Freibeuter der seines Zeichens als grimmiger Freund Conans zu gefallen weiß. Eine Frau reinen Blutes die eher blass daher kommt, aber als Handlungsfigur wichtig für die Story ist. Und nicht zu vergessen ein Meisterdieb, der wohl ein Eingeständnis an Howards Weltenentwurf und Begleitfigur dienen sollte. Ein eher halbherziger Versuch mit wenig Handlungstiefe. Doch ein Barbarenheld muss schließlich Zweierlei haben. Genug Gegner und schwache Charaktere den er aus der Patsche helfen kann. Da kommen Jungfrauen und feige Diebe ihm nur Recht. Die Nebenfiguren sind eben nicht mehr als ihre Definition das erlaubt. Hier entscheidet mehr die Besetzung der Rollen über deren Güte. Hier fiel die Wahl auf Schauspieler die ihr Handwerk solide beherrschen, jedoch wenig Prägnanz besitzen. Den Dieb vergisst man nach der Filmvorführung schnell wieder. Die Jungfer wird von Conan rollengemäß schnell vernascht, gerettet und das war’s dann schon. Natürlich war das zu erwarten. Nebenrolle werden nur selten gut besetzt. So gilt dieser Grundsatz auch für diesen Film.

Die Hauptfiguren sind ohnehin die tragenden Säulen der Handlung und als solche sind sie herausragend besetzt und gespielt.

Teilweise ist die Handlung effekthascherrisch angelegt. Ein cooler Einfall muss schließlich realisiert werden, oder? Das stört die Handlung jedoch kaum und beschränkt sich auf die üblichen Muster. Im Vordergrund darf weiterhin die Musik spielen. Den Grund für das zerstörerische Erdbeben am Ende des Films ist dabei Nebensache und ich muss gestehen diesen kaum vernommen zu haben. Es muss zum Schluss ja stets zu einem möglichst spektakulären Showdown kommen, bei dem alles zusammenstürzt und der Held den Bösewicht mit seinem Schwert bearbeiten kann, bis die Funken fliegen. Der Conan-Film reiht sich in das wohlbekannte Hollywoodschema ein, doch darf man sich über Filmdogmen, wenn man einen Hollywoodfilm anschaut, nicht beschweren. Immerhin ist der Showdown nicht nur atmosphärisch dicht, sondern auch durch die doppelten Bösewichter lebendig und interessant geraten. Die parallelen Duelle verstärken sich gegenseitig und können letztendlich überzeugen.

Und was ist eigentlich mit Arni, werdet ihr jetzt fragen/b]. Nun, dieser bleibt der beste eingeölte Barbar der vergangenen Jahrzehnte. Eine Ikone der 80er und Versinnbildlichung der AD&D Rollenspiele-Epoche dieser Zeit. Weiter werde ich den milden Spott meiner Freunde ignorieren und ab und an die alten Conan-Filme über den Bildschirm flimmern lassen. Denn Arni ist Kult und der Urvater aller Leinwandbarbaren. Jason Mamoa hat mich jedoch bekehrt eine andere Conan-Inkarnation des modernen Typus zu akzeptieren. Mamoa ist eindeutig der Bessere der beiden Conan-Mimen und deutlich näher an der Charakterdefinition seines Schöpfers Robert E. Howard.

[b]Trotz der soliden Übertreibung in der Dramaturgie und der Ketchup-Orgien bekommt man mit dem neuen Conan-Film einen guten bis stellenweise hervorragenden Film, der von seinen starken Charakteren lebt. Ich kann den Film jedem empfehlen, der ein gut gemachtes Popcorn-Kino genießen kann und den die vielen Brutaloszenen nicht stören. Ein Conan-Film ist nichts für Intellektuelle und zartbesaitete, doch das war bei dem Thema und Genre ohnehin zu erwarten.

A.M.

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