Jay Kristoff
Nevernight: Das Spiel
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»Nevernight: Das Spiel« von Jay Kristoff
Klappentext: Die epische Rachegeschichte geht weiter. Nachdem Mia einen der Männer umgebracht hat, die für die Zerstörung ihrer Familie verantwortlich sind, bleiben noch zwei über: Kardinal Duomo und Konsul Scaeva. Beide sind jedoch vor der Öffentlichkeit abgeschirmt und für Mia vorerst unerreichbar. Schlimmer noch: Die Rote Kirche selbst scheint Scaeva zu schützen.
Um an ihn heranzukommen, geht Mia ein großes Risiko ein: Sie kehrt der Roten Kirche den Rücken und begibt sich selbst in die Sklaverei, um als Gladiatorin an den Großen Spielen in Gottesgrab teilzunehmen. Mia merkt schnell, dass sie diesmal zu weit gegangen ist, denn auf dem blutigen Sand der Arena gibt es keine Gnade und nur eine Regel: Ruhm und Ehre – oder Tod.
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Ich kann mich den Lobeshymnen über das vorliegende Buch von Jay Kristoff uneingeschränkt anschließen. Es ist, wie auch schon beim ersten Band, ein wahrer Genuss der Geschichte von Mia Corvere zu folgen und sie bei ihrem Rachefeldzug zu begleiten. Und wenn man den zweiten Band zu Ende gelesen hat, wird auch schnell klar, dass das ganze Wirrwarr, bestehend aus dem Mord an Mias Familie, den Rollen ihrer eigenen Eltern in dem ganzen Drama, der Roten Kirche, Kardinal Duomo und Konsul Scaeva erheblich komplizierter und verworrener ist als es den ersten Anschein hatte. Nichts war so, wie Mia als Kind geglaubt hatte das es ist.
Und gerade das, diese Erkenntnis, dass nicht alles so ist wie es scheint, macht für mich den unglaublichen Reiz der Geschichte aus. Es ist wie mit einem Eisberg: man sieht nur die Spitze, aber nicht das riesige Stück das unter der Wasseroberfläche schwimmt. Diese neuen Erkenntnisse werden nur nach und nach aufgedeckt, nicht alle auf einmal. Glaubt man endlich den Verwicklungen auf die Spur gekommen zu sein, setzt Jay Kristoff immer noch einen drauf.
Neben all diesen zusätzlichen Erkenntnissen ist aber auch die eigentliche Geschichte hervorragend ausgedacht und geschrieben. Jay Kristoff bleibt seinem Erzählstil treu (zm Glück). Bissig, mitunter auch schon mal vulgär, sexuell erregend und mit einer gehörigen Portion Humor versehen, läßt er seine Protagonistin von einer Bredouille in die nächste schlittern. Und dabei hatte doch alles relativ harmlos angefangen:
Mia soll für die Rote Kirche eine Landkarte sicherstellen und anschließend die Überbringerin dieser Karte ins Jenseits befördern. Dummerweise nur ist die Überbringerin nicht nur eine alte Bekannte von Mia, sondern ebenfalls eine ausgebildete Assassine. Nachdem man sich also gegenseitig halbtot geprügellt und gestochen hat, kommt man zu einer Art Waffenstillstand. In dem sich anschließenden Gespräch mit ihrer Widersacherin, kommt Mia zu völlig neuen Erkenntnissen, die schier unglaublich, aber dennoch wahr sind. Plötzlich ergibt das ganze Puzzle, das Mia seit ihrer Kindheit mit sich herumträgt und zu lösen versucht, einen Sinn.
Aus den beiden Kontrahentinnen werden Verbündete, die, zusammen mit Mias altem Lehrmeister Mercurio, einen Plan aushecken, der nicht nur die Regierung, sondern auch die Rote Kirche vernichten soll. Dieser Plan besteht darin, dass Mia sich als Sklavin an eine Gladiatorenschule verkaufen lassen soll, denn einmal im Jahr gibt es das Venatus Magni, ein Finalkampf der besten Gladiatoren des Landes. Und es ist das einzige Ereignis, an dem sowohl Kardinal Duomo, wie auch Konsul Scaeva, gemeinsam teilnehmen. Sollte Mia die vielen blutigen Gemetzel mit den anderen Gladiatorenschulen überleben, wäre es ihre Möglichkeit, endlich Rache an den beiden Mördern zu nehmen.
Wie schon im ersten Band, hat Jay Kristoff Mia wieder jede Menge neuer Protagonisten zur Seite gestellt. Ihre Mit-Gladiatoren entpuppen sich als rauhe, aber dennoch liebenswerte Charaktere, die nicht nur Mia, sondern auch der Leser irgendwie schnell ins Herz geschlossen hat. Umso schockierender daher wie Mia, nur um ihrer Rache willen, alle am Ende der Geschichte in der Arena umbringt. Nun ja, ...irgendwie.. einfach mal selbst lesen :-). Aber auch viele ihrer alten Bekannten spielen eine große Rolle. Mia macht einen kurzen Abstecher in den Stillen Berg, wo sie gleich an ihrer innigen "Freundschaft" zu Meister Solis arbeiten darf. Die allergrößte Überraschung lauert jedoch auf der vorletzten Seite des Buches und besteht eigentlich nur aus einem Wort.
Die Kämpfe in der Arena werden recht anschaulich und blutig geschildert. Mia hat durch ihre beiden Schattengefährten zwar einen nicht zu verachtenden Vorteil gegenüber ihren Konkurrenten, kann diesen aber nicht wirklich ausspielen, da einer ihrer Mitgladiatoren, Furian, ebenfalls ein Dunkelin ist, aber von seiner Gabe nicht Gebrauch machen will und Mia deshalb daran hindert es ebenfalls zu tun. Das Verhältnis der beiden läßt sich mit Hassliebe vermutlich ganz gut beschreiben. Hat Mia am Anfang noch die Hoffnung durch Furian etwas mehr über ihre gemeinsame Fähigkeit als Dunkelin zu erfahren, wird sie doch schnell enttäuscht. Furian will darüber nicht reden, da er die Fähigkeit als teuflisch empfindet. Das hinter diesen Fähigkeiten und den beiden Schattenwesen Herr Freundlich und Eclipse mehr steckt, deutet Jay Kristoff in einem kleinen Abschnitt an.
Da die Geschichte teilweise im Rückblick erzählt wird, gibt es zwei unterschiedliche Schriftauszeichnungen. Das, was in der Vergangenheit passiert ist (bevor Mia sich als Sklavin verkaufen läßt), wird optisch durch eine kursive Schrift hervorgehoben. Die Geschehnisse in der Gegenwart, beginnend mit Mias Sklaventransport um sich an eine Gladiatorenschule verkaufen zu lassen, sind in Normalschrift verfasst. Das ist ganz sinnvoll und ergibt so für den Leser einen guten Überblick über die momentane Zeitebene in der er sich gerade befindet. Ebenso sinnvoll ist der kurze Abriss am Anfang des Buches, in dem die handelnden Charaktere des ersten Bandes noch einmal kurz vorgestellt werden.
Auf Fußnoten wurde auch diesmal wieder nicht verzichtet. Glücklicherweise halten sich diese jedoch diesmal in Grenzen. Empfand ich sie im ersten Buch noch als störend, da der Lesefluß durch die vielen Verweise auf die Fußnoten irgendwie immer unterbrochen wurde, ist es hier diesmal anders. Vielleicht habe ich mich aber auch schon daran gewöhnt. Mehr noch als im Vorgängerband erinnert Mias Welt immer mehr an das alte und historische Römische Imperium. Dadurch wirkt die Geschichte mehr wie eine historische Erzählung und weniger wie eine phantastische / fantasymäßige. Auch in der Danksagung nimmt Jay Kristoff noch einmal Bezug auf die Menschen der Stadt Venedig und Rom.
Fazit
So muss eine Geschichte sein: Spannend, unterhaltsam, nicht voraussehbar und sehr kurzweilig. Wer glaubte das nach dem ersten Band keine Steigerung mehr möglich ist, wurde hier eines besseren belehrt. Ich fiebere dem dritten Band förmlich entgegen. Daher gibt es auch nur ein Urteil:
ABSOLUT lesenswert!