Nachdem von der Erde aus zahlreiche Planeten besiedelt wurden, fällt diese durch eine Katastrophe auf eine niedrigere Zivilisationsstufe zurück. Das Wissen um die Raumfahrt und andere technische Errungenschaft geht verloren. Nach einer langer Zeit der Stagnation findet man durch Zufall eine Datenarche, in der sich das vergessene Wissen der alten Zeit befindet. Dank der Datenarche kann die Erde sich erneut auf den Sprung in den Weltraum begeben. Eines der ersten Schiffe mit Überlichtantrieb ist die Aurora. Auf ihrem Jungfernflug, chronisch unterbesetzt und mit einem neuartigen Sprungantrieb ausgestattet, geht jedoch so einiges schief. Der angedachte Kurztrip zum Jupiter entwickelt sich zu einem gefährlichen Abenteuer in dem die Besatzung nicht nur um ihr Überleben kämpfen muss, sondern zudem noch in einen unbekannten Bereich des Universums, 1000 Lichtjahre von der Erde entfernt, strandet.
„Unverhofft kommt oft“, das hat sich vermutlich auch der 53 jährige Ryk Brown gedacht, als er sich die Absatzzahlen für seine E-Book Reihe
The Frontiers Saga angeschaut hat. Was ursprünglich nur dazu gedacht war um sein Einkommen als Computerfachmann zu ergänzen, entwickelte plötzlich ein recht erfolgreiches Eigenleben und gestattete Brown, den alten Beruf an den Nagel zu hängen und sich fortan als Vollzeitautor zu betätigen. Und das ist umso erstaunlicher wenn man bedenkt, dass er mit seiner Reihe das Rad alles andere als neu erfunden hat. Kritiker würden vermutlich behaupten – und das völlig zu recht -, dass er alten Quark lediglich breiter getreten hat. Aber die Art und Weise wie er den Quark breitgetreten hat ist nicht nur spannend und unterhaltsam geschrieben, sondern liest sich auch hervorragend. Oder anders ausgedrückt: Es macht Lust auf mehr. Und davon, verspricht Ryk Brown, soll es jede Menge geben – nämlich vier Bücher pro Jahr.
Die Geschichte ist relativ simpel und lebt in großen Teilen vom Zusammenspiel der Hauptcharaktere. Gerade das ambivalente Verhältnis der ehrgeizigen Cameron Taylor zu dem eher phlegmatisch veranlagten Nathan Scott, die beide um das Amt des ersten Piloten auf der Aurora wetteifern, hat es in sich und ist einer der Höhepunkte des Buches. Bei dem ewigen Streit der beiden, um die Frage wer denn nun der Beste von ihnen ist, kann man sich als Leser das breite Grinsen oftmals nicht verkneifen. Überhaupt zeichnet sich das Buch durch eine lockere und humorvolle Erzählweise aus. Die Dialoge lesen sich lebhaft und natürlich, mit militärischem Jargon hält sich Brown glücklicherweise sehr zurück. Auch die Kämpfe im Weltraum werden gut und plastisch in Szene gesetzt.
Die Hauptfigur Nathan Scott, der einfach nur eine ruhige Kugel schieben will, ist eher der typische Antiheld. Das ausgerechnet er das Schiff und die Besatzung retten muss, will ihm so gar nicht passen. Denn mit der Beförderung vom Fähnrich zum Lieutenant und weiter zum Captain, ist gleichzeitig auch die Verantwortung für das Leben der Aurora Besatzung verbunden. Auf der einen Seite liest sich so etwas zwar immer wie an den Haaren herbeigezogen, auf der anderen Seite scheint das Motiv des Jungen der zum Manne wird (werden muss) aber auch recht beliebt zu sein. Eine ähnliche Entwicklung wie die von Nathan Scott kennt man bereits aus den Büchern der
Nick Seafort Reihe von David Feintuch oder aus Robert A. Heinleins
Gestrandet im Sternenreich. Als ob das noch nicht reichen würde, kann er sich Scott auch noch mit seinen neuen Verbündeten, von denen er absolut nicht weiß wie er sie einzuordnen hat, herumschlagen. Für einen jungen Mann, der gerade lernt auf eigenen Füßen zu stehen und der der Sohn eines einflussreichen Politikers ist, eine nicht gerade leichte Aufgabe. Die Nebencharaktere, wie etwa Cameron Taylor, Wladimir Kamenetzki oder Jessica Nash, sind zwar relativ oberflächlich ausgearbeitet, bereichern den Plot aber ungemein.
Über die wissenschaftlichen Ausführungen von Brown sollte man sich vielleicht lieber nicht zu viele Gedanken machen, das gleiche gilt übrigens auch für den Plot. Man könnte sonst in dem ein oder andere Logikloch verschwinden. Allerdings denke ich nicht, dass eine exakte wissenschaftliche Ausarbeitung die Intention von Brown gewesen ist. Getreu dem Motto „Der tut nichts, der will nur spielen“, lag der Schwerpunkt vermutlich eher auf einer spannenden und unkomplizierten Military Geschichte - und diese ist ihm definitiv gelungen. Auch wenn es sich gegen Ende hin eher zu einem Jump and Run Abenteuer entwickelt und man auf der Flucht permanent von einer Bredouille in die nächste gelangt.
Da eine Schwalbe aber noch keinen Sommer macht, bleibt es abzuwarten ob Brown das Niveau halten kann. Bei seinem geplanten Ausstoß von vier Büchern pro Jahr besteht durchaus die Gefahr, das die Quantität der Qualität den Rang abläuft.
Der Flug der Aurora (OT Aurora: CV01), mit seinen gerade mal 320 Seiten, ist auf jeden Fall ein Buch bei dessen Kauf man nicht viel falsch machen kann. Leser die auf „solche“ Geschichten stehen, werden ohne Frage ihren Spaß an diesem Buch haben.
Wer näheres über die Frontiers Saga im Allgemeinen und über die Aurora im Besonderen erfahren möchte, dem kann ich die Seite
www.frontierssaga.com nur empfehlen.