Thomas Thiemeyer Chroniken der Weltensucher 3
Der gläserne Fluch
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»Der gläserne Fluch« (Chroniken der Weltensucher 3) von Thomas Thiemeyer
Eine Einladung zu einem Vortrag, den Carl Friedrich von Humboldt von der Frau eines seiner ältesten Freunde, Richard Bellheim, erhält, wird der Auftakt zu einer abenteuerlichen Suche nach einem Meteoriten. Gertrud Bellheim ist über die Veränderung im Wesen ihres Mannes so in Sorge, dass sie sich in ihrer Not an Carl Friedrich wendet und ihn um Hilfe ersucht. Bei einer Sylvesterfeier im Hause Bellheim, geschieht dann das Unfassbare. Richard Bellheim schrumpft, nach einem Streit mit Carl Friedrich, vor den Augen seiner geladenen Gäste und löst sich anschließend in Luft auf. Grund genug für Carl Friedrich, den Lebensweg seines Freundes in den letzten Monaten seines Lebens noch einmal genau unter die Lupe zu nehmen. So wie es ausschaut, befand sich dieser auf einer Expedition in Afrika, wo er die Entdeckung eines sagenhaften Meteoriten, mit dem Beinamen Der gläserne Fluch , machte. Um das Geheimnis dieses Meteoriten genauer zu untersuchen, begibt sich Carl Friedrich, mit dem Rest seiner Weltensucher an Bord der Pachacutec, nach Afrika, um auf den Spuren Richard Bellheims zu wandeln.
Szenewechsel:
In England gelangt der skrupellose Astronom und Sammler extraterrestrischer Funde Sir Jabez Wilson durch einen Mord in den Besitz einiger wissenschaftlicher Unterlagen. Diese wurden von einer französischen Expedition angefertigt und besagen, dass man den Standort eines geheimnisvollen Meteoriten ausfindig machen konnte. Sir Wilson scheint am Ziel seiner Träume zu sein, denn bei dem Meteoriten handelt es sich ohne Zweifel um, den von ihm schon lange gesuchten, Gläsernen Fluch . Zusammen mit einer Söldnergruppe und zwei amerikanischen Reportern, diese sollen die Expedition begleiten um anschließend ein Buch darüber zu schreiben, begibt sich Sir Wilson ebenfalls auf die Reise in Richtung Afrika.
Was beide, Carl Friedrich von Humboldt und Sir Jabez Wilson, jedoch nicht wissen ist, dass ihr Erscheinen, welches in einer uralten afrikanischen Prophezeiung, die dem Volk der Dogon -den Hütern des Gläsernen Fluches -, vorausgesagt wurde, den Auftakt zur Vernichtung der Welt einleiten wird. Und diese Prophezeiung scheint sich in der Tat zu bewahrheiten.
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Der gläserne Fluch ist mittlerweile nicht nur der dritte Band aus Thiemeyers Reihe Die Chroniken der Weltensucher , sondern für mich gleichzeitig auch der bis dato spannendste und zugleich auch unheimlichste. Und gerade dieses Adjektiv -unheimlich- gibt dem Buch die gewisse Würze um es aus den bisher erschienen Bänden hervorzuheben. Doch was genau ist das Unheimliche an diesem Buch? Nun, da wäre zuerst der Meteorit. Dieser ist nicht ganz so leblos wie man es von einem Meteoriten erwarten könnte. Er birgt ein Geheimnis und entpuppt sich im weiteren Verlauf als eine außerirdische, kristalline Lebensform mit ganz besonderen Fähigkeiten. Der zweite „unheimliche“ Punkt ist die uralte Prophezeiung die auf dem Meteoriten liegt. Jahrhundertealt, sagt sie nicht nur das Erscheinen von Carl Friedrich von Humboldt und Sir Wilson voraus, sondern verknüpft damit gleichzeitig den Untergang unserer Welt. Dieser bunte Mix macht aus dem vorliegenden Buch eine wunderbare und begeisternde Erzählung, der man sich nur schwer entziehen kann.
Nach Südamerika und Europa in den ersten beiden Bänden, führt Thiemeyer seine Leser diesmal auf einen weiteren Kontinent – tief hinein in die afrikanische Sahelzone, zu den Völkern der Dogon und der Tellem. Auch hier musste ich mich wieder eines Besseren belehren lassen, denn beide Völker haben tatsächlich existiert (Tellem), bzw. existieren noch (Dogon) und sind keine Erfindung des Autors. Genau wie in den Vorgängerbüchern hat Thiemeyer auch hier wieder Realität und Fiktion miteinander verwoben und eine abenteuerliche Geschichte zu Papier gebracht.
Auch alte Bekannte trifft man wieder. Den Reporter Max Pepper ebenso wie den Fotografen Harry Boswell, beide aus dem ersten Band bekannt und alte Freunde von Carl Friedrich und seinen Weltensuchern. Die zwei werden von ihrem Chef damit beauftragt, Sir Wilson auf seiner Suche zu begleiten und das dabei Erlebte buchtauglich aufzubereiten. Von der Skrupellosigkeit Wilsons angewidert, wechseln beide jedoch schnell die Fronten als sich eine Konfrontation mit den Weltensuchern anbahnt. Eine besondere Rolle im Buch kommt Charlotte, Carl Friedrichs Nichte, zu. Sie muss feststellen, dass ihr ganzes bisheriges Leben auf einer Lüge aufgebaut ist. Warum Thiemeyer dieses Problem aufwirft ist mir allerdings ein Rätsel. Schlussendlich scheint es aber dazu zu dienen, Charlottes und Oskars Liebe füreinander zu legitimieren. Überhaupt muss man sagen, dass die familiären Hintergründe, sowohl bei Carl Friedrich, wie auch bei Charlotte und Oskar, doch recht im Argen liegen.
Konnte man im Vorgängerband Der Palast des Poseidon noch Thiemeyers Hommage an Jules Verne erkennen, so wird man nun etwas an die Bücher von Karl May erinnert. Kampf in der Wüste, Angriff eines Berberstammes, Abenteuer im Orient (zu dem auch Nordafrika gezählt wird) gehören ebenso zum Sujet eines Karl May, der übrigens mit vollen Namen Carl Friedrich May geheißen hat, also genau so, wie auch der vorliegende Held Carl Friedrich von Humboldt, wie auch seine ausschweifenden und schillernden Reiseerzählungen. Ebenso findet sich sein bekannter Ansatz vom "edlen Wilden", seien es nun Winnetou oder Hadschi Halef Omar, in der Thiemeyer'schen Geschichte wieder. Dort heißen sie Yatime oder Ubire. Erstere entpuppt sich als furchtloses Mädchen, welches den Weltensuchern aus einer ausweglosen Lage hilft, letzterer als weiser Stammeshäuptling, der über eine alten Prophezeiung wacht und auf dessen Schultern quasi das Schicksal der Welt ruht. In diesen Punkten weist Thiemeyer, ob gewollt oder ungewollt, eine frappierende Ähnlichkeit zu den Büchern von May auf.
Obwohl es ein paar Ungereimtheiten gab, es bleibt die Frage, warum die Missionare Carl Friedrich und sein Team nicht vor ihrem Besuch in der Stadt der Tellem infiziert haben oder warum Oskar, trotz seiner Infizierung durch Bellheim, menschlich blieb, handelt es sich bei dem dritten Band dennoch um eine runde und spannende Abenteuergeschichte. Bei der Lösung zur Bekämpfung des Problems der Kristallsplitter musste ich unwillkürlich grinsen. So etwas gab es schon einmal in ähnlicher Form und wurde von dem Regisseur Tim Burton recht schrill und lustig verfilmt: Mars Attacks! Oder sollte ich wirklich der Einzige sein, der daran erinnert wurde wie, die ebenfalls irgendwie grün wirkende Gefahr aus dem All, mit Hilfe, von aus den Lautsprechern eines Autos erschallenden Klängen von Slim Whitmans Indian Love Call , vernichtet wurde? Wenn man das Auto durch die Pachacutec ersetzt, und den Song von Slim Whitman durch die Gesänge der Dogon, drängt sich, zumindest mir, der Vergleich geradezu auf.
Fazit:
Ein gelungener Roman für Jung und Alt, unkompliziert geschrieben, gespickt mit jeder Menge Abenteuer und liebevollen Charakteren. Wer Jules Verne oder Karl May mochte, wird auch von dieser Reihe, aus der Feder von Thomas Thiemeyer, möglicherweise wieder auf den Spuren seiner eigenen Kindheit wandeln können. Im Anhang findet sich erneut die altbekannte Encyclopedia Humboldica, in der Thiemeyer auf einige Begriffe der Geschichte eingeht und weiterführende Erklärungen liefert. Alles in allem ein Buch, bei dem ich wirklich sagen kann: Das hat Spaß gemacht!